Alles über Pflanzenkohle
Pflanzenkohle ist ein faszinierendes Material. Ihre kristalline Struktur lässt aus Holz kleine, zerbrechliche Kunstwerke entstehen. Dabei besteht sie, ähnlich einem Diamanten, fast vollständig aus Kohlenstoff. Was genau ist eigentlich Pflanzenkohle und wieso ist sie für unser Klima so wichtig? Wie kannst du sie selbst herstellen und wofür kannst du sie verwenden?
Fragen über Fragen – hier findest du die Antworten!
Historie der Pflanzenkohle
Unsere Geschichte beginnt im Jahr 1541, als die ersten Europäer den Amazonas herunterfuhren. Sie waren auf der Suche nach Gold. Ganz nebenbei fiel ihnen auf, dass die Ureinwohner mitten im Amazonas große, üppig wachsende Waldgärten angelegt hatten, aus denen sie sich mit Mais, Bohnen, Kürbissen und vielen weiteren Pflanzen versorgten. Und das auf dem eigentlich sehr kargen Regenwaldboden. Heute kennen wir den Grund dafür:
In den letzten Jahrzehnten fanden Forscher im Amazonasgebiet fruchtbare Schwarzerden, die als „Terra Preta“ bekannt sind. Der Humus in den Böden enthält sehr viel Pflanzenkohle, die zum Teil über 500 Jahre alt ist, und durch die Ureinwohner dort entstanden ist. Sie ist das Geheimnis der Fruchtbarkeit dieser Böden, die bis heute besonders ertragreich sind. Denn die Pflanzenkohle bindet viele Nährstoffe, die aus allen möglichen organischen Abfällen und mineralischen Rückständen von Asche stammen und gibt sie an die Pflanzen ab.
Pflanzenkohle ist sehr fein, hat viele Poren und damit eine sehr große Oberfläche. Deshalb ist sie zusätzlich ein sehr guter Speicher für Wasser. Die Hohlräume bieten außerdem Mikroorganismen wie Bodenbakterien und Mykorrhiza-Pilzen, die das Pflanzenwachstum fördern, einen idealen Lebensraum. Kein Wunder, dass es in den Waldgärten der Ureinwohner so grünte und blühte.
Die Technik der Verkohlung von Pflanzen und das Nutzen von Pflanzenkohle, um Boden ertragreicher zu machen, ist auch in anderen Erdteilen verbreitet. So fanden Forschende zum Beispiel die sogenannte Elbslawen-Schwarzerde im Wendland. Auch aus Afrika sind Funde solcher Erden bekannt.
Video: ZDF-Terra X zu Pflanzenkohle und terra Preta
Was Pflanzenkohle physikalisch ist
Trockene pflanzliche Biomasse besteht etwa zur Hälfte aus Kohlenstoff. Dieser wird während des Wachstums der Pflanze durch Fotosynthese aus der Atmosphäre gezogen und im holzigen Teil der Pflanze eingelagert. Stirbt die Pflanze ab, beginnt die biologische Zersetzung, und der aufgenommene Kohlenstoff wird in Form von CO2 wieder frei. Um das zu verhindern, kann die Biomasse pyrolysiert und damit in Kohle umgewandelt werden. Ein großer Teil des pflanzlichen Kohlenstoffs wird dadurch zu Pflanzenkohle, die zu über 90 Prozent aus Kohlenstoff besteht.
Pflanzenkohle ist sehr fein, besitzt viele Poren und damit eine sehr große Oberfläche. Deshalb ist sie ein ausgezeichneter Speicher für Nährstoffe und Wasser. Sie bietet außerdem Mikroorganismen wie Bodenbakterien und Mykorrhiza-Pilzen, die das Pflanzenwachstum fördern, einen Lebensraum und funktioniert dadurch wie ein Korallenriff, das verschiedenste Lebensräume bietet. Diese Eigenschaften sind dafür verantwortlich, dass Böden, die mit Pflanzenkohle angereichert werden, meist mehr Ertrag bringen als Böden ohne Pflanzenkohle.
Der Effekt ist dort am stärksten, wo Böden von der Struktur her eher problematisch für den Pflanzenanbau sind, wie beispielsweise sehr sandige oder besonders tonige Böden. Eine Meta-Studie (2011) zu den kurz- bis mittelfristigen Effekten von Pflanzenkohle kommt auf eine Ertragssteigerung von durchschnittlich 10 und einem Maximum von 39 Prozent.
Video: 3sat nano zu "Pflanzenkohle als Klimaretter?"
Der Pyrolysekreislauf
Pflanzenkohle im Kohlenstoffkreislauf
Das CO2 in der Atmosphäre wird von Pflanzen über ihre grünen Pflanzenteile aufgenommen und der Kohlenstoff in ihre Strukturen, zum Beispiel Holz, eingearbeitet. Die Pflanze gibt bei dem Prozess entstehenden Sauerstoff an die Atmosphäre ab.
Beim Verbennen oder Verrotten der Pflanze wird der Großteil des Kohlenstoffs wieder frei, und kehrt, beispielsweise als CO2, wieder in die Atmosphäre zurück.
Wandelt man das Holz durch Pyrolyse in Pflanzenkohle um und bringt diese in den Boden ein, dann bleibt der Kohlenstoff über hunderte Jahre stabil gebunden, und kann nicht in die Atmosphäre entweichen. Nur ein Teil des Kohlenstoffs kann bei der Pyrolyse wieder in die Atmosphäre gelangen.
Pflanzenkohle im Klimaschutz
Mit Pflanzenkohle kann man Kohlenstoff langfristig im Boden speichern und so das Klima schützen. Dieses Prinzip ist eines der wenigen, die der Weltklimarat vorgeschlagen hat, um das 1,5 Grad Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen noch zu erreichen. Denn dafür müssen sogenannte Kohlenstoffsenken geschaffen werden, in denen aus der Atmosphäre entnommenes CO2 gespeichert wird. Die Umwandlung von Gehölzschnitt in Pflanzenkohle tut genau das: Der Kohlenstoff aus dem Holz wird als Pyrolysekohle stabil für hunderte Jahre im Boden gespeichert und verbessert zusätzlich noch die Bodeneigenschaften. Win-Win für Umwelt und Mensch. Fachleuten zufolge können auf diese Weise rund 30 bis 50 Prozent des in den Pflanzen enthaltenen Kohlenstoffs auf lange Zeit der Atmosphäre entzogen werden. In diesem Zusammenhang spricht man auch von „negativen Emissionen“.
Anwendung von Pflanzenkohle
Kompostierte Pflanzenkohle, sogenannter Pflanzenkohlekompost, ist ein hervorragendes, torffreies Substrat für alle möglichen gärtnerischen Anwendungen. Ob im Hochbeet, klassischen Bodenbeeten oder für Kübelpflanzen, Pflanzenkohlekompost sorgt für eine gute Belüftung, hält viel Wasser und Nährstoffe und fördert das Bodenleben. Häufig wird er in einem Verhältnis von 1:10 beigemischt, was den optimalen „Mehrwert“ schafft, was Ertragssteigerungen angeht. Er kann aber auch als alleiniges Substrat verwendet werden. Vorsicht, er enthält sehr viele Nährstoffe, deswegen nur für starkzehrende Pflanzen verwenden.